Ausstellungen
Menagerie
Sabina Grzimek, Peter Herrmann, Ralf Kerbach, Heidrun Rueda, Hans Scheib
Malerei, Skulpturen, Papierarbeiten
14. Juni – 27. Juli 2024, Eröffnung: 13. Juni, 18-21 Uhr
Diesen Sommer verwandelt sich die Galerie Poll in eine „Menagerie“: Heimische und exotische Tiere treten auf, gemalt, geformt oder aquarelliert von Sabina Grzimek, Peter Herrmann, Ralf Kerbach, Heidrun Rueda und Hans Scheib.
Eine der ältesten Tierenzyklopädien stammt von Aristoteles: Sein Text Historia animalium klassifiziert im Jahr 335 v. Chr. Tiere nach ihrem Aussehen, ihren Verhaltensweisen und ihrem Lebensraum. Die realistische Darstellung einzelner Tiere mit ihrer Anatomie und individuellen Bewegungen wurde in der Renaissance zum Ideal erhoben. Albrecht Dürer war einer der ersten Künstler, der die Darstellung von Tieren über Skizzen hinaus für bildwürdig hielt. Das Werk der in „Menagerie“ präsentierten Künstlerinnen und Künstler ist von Tierdarstellungen geprägt. Ihre teils für die Ausstellung entstandenen Ölgemälde, Skulpturen und Papierarbeiten treten in einen Dialog miteinander – und lassen im vergleichenden Blick die „animalische“, wilde oder auch gezähmte Seite ihrer jeweiligen Weltsicht zutage treten.
Sabina Grzimek findet ihre Themen im persönlichen Umfeld und Erleben. Che, ihr Hund, ist immer wieder Modell für ihre Plastiken. In zugleich ausdrucksstarker wie sensibler Formensprache gelingt es der Künstlerin, über äußerliche Details zum Wesen der von ihr gestalteten Tiere vorzudringen, etwa mit der Bronze einer trächtigen Eselin oder einer Kuh, die sich mit prallem Euter abwendet.
Heidrun Rueda malt ihre naturalistischen Motive teils nach Fotovorlagen, teils nach eigener Beobachtung in freier Wildbahn. Die Ausstellung zeigt eine Auswahl kleinformatiger Ölbilder mit Eulen. Zur Familie dieser Vögel gehören rund 200 Arten. Rueda konzentriert sich auf Tiere ihrer unmittelbaren Umgebung, Käuzchen, Schleiereule und Uhu.
Mit „Salute Vittore Carpaccio!“ (2003) zitiert Peter Herrmann ein Gemälde des venezianischen Renaissancemalers. Vor blauem Hintergrund sitzt eine Frau, gebeugt über einem Schoßhündchen. Der kleine Vierbeiner steht auf beiden Hinterpfoten und schaut empor zur Herrin, die seine Vorderpfoten liebkost. Neben ihr steht eine große Vase mit einem Strauß Callas, davor eine kleine struppige Katze. Wie für ihn charakteristisch, hat Herrmann die tradierte Szenerie in verblüffend einfachen Formen festgehalten und einen komischen Moment eingebaut, der auf der kunsthistorischen Vorlage fehlt. Auch das Genre des naturgetreuen Tierbildes bedenkt der Maler mit einer ironischen Volte: Seine an sich doch furchteinflößende Raubkatze räkelt sich auf dem Rücken unter dem Titel „Wenn Leoparden träumen“.
Einen anderen Zugang wählt Ralf Kerbach mit den Ölgemälden „Pferd“, „Zwei Pferde“ und „Ziegen“. Entstanden nach Studien in der Natur, bleibt der Pinselstrich skizzenhaft, der Farbauftrag durchscheinend. Kerbachs „Mondnacht“ von 2023 ist dagegen „aus dem Kopf“ gemalt. Mit pastos deckenden Farben, in typisierter Darstellung treffen eine weiße Katze und ein schwarzer Hund aufeinander. Die Tiere streiten um einen Ara, an dem sie raffgierig ihre Zähne wetzen. Derweil steht am klaren Himmel der Mond und leuchtet still auf einen kahlen Baum und einige Häuser.
Mit Hans Scheibs Skulpturen ziehen auch einige exotische Tiere in Polls Menagerie ein: Der Bildhauer hat eine zu einem hohen Turm sich ringelnde Schlange (2005) aus Holz geschlagen und arttypisch mit roter und grüner Farbe bemalt sowie aus Holz ein Äffchen mit extrem langem Schwanz geschaffen, das seine Zähne drohend fletscht. Scheib gelingt es, in seinen ausdrucksstarken Holzplastiken mit deutlichen Bezügen zur Tradition des Expressionismus einen eigenen Stil zu entwickeln.
Sabina Grzimek (*1942) schloss 1967 ihr Studium der Bildhauerei an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee ab und war von 1969 bis 1972 Meisterschülerin an der Berliner Akademie der Künste bei Fritz Cremer. Ehrungen wie der Käthe-Kollwitz-Preis (1983) oder der Ehrenpreis des Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg für ein Lebenswerk (2011) u.a. zeugen von der Anerkennung ihres Werkes. Arbeiten befinden sich in namhaften Sammlungen, darunter die Nationalgalerie Berlin, die ihr 1992 eine Retrospektive ausrichtete.
Peter Herrmann (*1937) besuchte nach einer Ausbildung als Chemigraph ab 1953 Malkurse bei Jürgen Böttcher-Strawalde. 1984 verließ er die DDR und reiste nach Hamburg aus; seit 1986 lebt er in (West-)Berlin. Im Jahr 1998 erhielt Herrmann den Villa Romana-Preis, Florenz, 2001 den Fred Thieler-Preis der Berlinischen Galerie. In deren Sammlung befinden sich ebenso Werke des Künstlers wie u.a. in den Staatlichen Museen zu Berlin, den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und dem Museum Ludwig in Köln.
Ralf Kerbach (*1956) studierte von 1977 bis 1979 Malerei und Grafik an der HfBK Dresden bei Prof. Gerhard Kettner, bis die DDR ihn zur Exmatrikulation drängte und er 1982 nach West-Berlin übersiedelte. 1986/1987 war er Stipendiat der Deutschen Akademie Rom Casa Baldi in Olevano, von 1992 bis 2023 lehrte er als Professor an der HfBK Dresden. Werke befinden sich u.a. in der Berlinischen Galerie, den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, im Museum der bildenden Künste Leipzig und im Museum Barberini Potsdam.
Heidrun Rueda (*1963) studierte Malerei an der HfBK Dresden bei Prof. Günther Horlbeck, von 1994 bis 1996 war sie Meisterschülerin. 1994 erhielt sie das Sächsische Landesstipendium, 1999 ein Arbeitsstipendium der Stiftung Kunstfonds und 2004 ein Stipendium in Schloss Wiepersdorf. Ruedas Arbeiten befinden sich in privaten und öffentlichen Sammlungen, so im Brandenburgischen Landesmuseum für moderne Kunst Frankfurt (Oder), der Deutschen Nationalbibliothek Frankfurt/Main und der Bibliothèque Nationale de France Paris.
Hans Scheib (*1949) studierte von 1971 bis 1976 an der HfBK Dresden, anschließend lebte er als Bildhauer in Berlin-Prenzlauer Berg. 1985 zog er nach West-Berlin. 1995 erhielt er den Förderpreis der Akademie der Künste, Berlin und 2014 den Egmont-Schaefer-Preis für Zeichnung. 2004 erfolgte ein Studienaufenthalt in der Villa Romana in Florenz. Seine Werke befinden sich u.a. in der Berlinischen Galerie, im Museum Ludwig in Aachen, in der Nationalgalerie Berlin und in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden.