Julio Paz

“Kleines Glück in der Oranienburger” – Bilder, Radierungen, Objekte

4. September 2004 – 31. März 2005

Wie dekoriert man Mangelware? Wie kaschiert man leere Regale? Die Schaufenstergestalter des Ostens wussten es. Zu DDR-Zeiten stapelten sie ohne Scheu unansehnliche Einmachgläser, bauten Türme aus verbeulten Konservendosen, platzierten immergrüne Pflanzen auf Fußbänkchen und verteilten liebevoll Pantoffeln aus Vietnam hinter den Scheiben.

Den 1939 in Buenos Aires geborenen Julio Paz, der sich 1989 anlässlich der „Intergrafik“ als Gast des Verbandes Bildender Künstler in Ost-Berlin aufhielt, ließen die prosaischen Arrangements nicht mehr los. Was in der Spandauer Vorstadt und im Scheunenviertel von Berlin nach und nach verschwand, Julio Paz hielt es auf seinen Bildern fest: Das Firmenschild des Optikers Pepi, die aufgesockelten Gesundheitsschuhe vor vergilbten Tapeten und den parkenden Trabi mit Plüschsitzen im Leopardenmuster.Da es keineswegs das Anliegen des Künstlers war, die übersichtlich angeordnete Einheitsware in den Schaufenstern des Ostens der Lächerlichkeit preiszugeben, wurde ihm zu Ehren 1992 sogar das „Café Paz“ in der Rosenthaler Straße eröffnet. Seine Arbeiten bieten nämlich mehr als graue Nostalgie. Von ungebändigter Experimentierfreude zeugen die expressiven Bilder, die anlässlich der zehnjährigen Städtepartnerschaft Berlin – Buenos Aires in der Galerie der Kunststiftung Poll in der Gipsstraße 3 zu sehen sind. Hier werden die Grenzen der Malerei ausgelotet und es gelingen dem Künstler erstaunlich frische Collagen, Assemblagen und combine paintings.

Der Künstler, der nach dem Militärputsch Buenos Aires verlassen musste, lebt und arbeitet seit Ende der siebziger Jahre in Mailand als Bühnenbildner und Grafiker. Seit 1965 Ausstellungen in Buenos Aires, Tucumán, Milano, Berlin und New York. Das grafische Werk von Paz ist heute in vielen wichtigen grafischen Sammlungen Argentiniens, in Paris, Leipzig und Milano vertreten.

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