Heiko Matting

Beton / Schöne-Heimat-Plakate

Bayern wird, vom Osten aus, zur Heimat erklärt

17. Juni – 29. Juli 2006

Beton

Beton taucht im Bild als eindimensionale Fläche auf, die den Bildraum und seine Bestandteile beschneidet, eingrenzt und oft den Blick aus einer angeschnittenen rohbau- oder auch ruinenartigen Vordergrundgegebenheit vorspielt. Die Betonfläche selbst wird ebenfalls (mehr oder weniger aufwendig) als zu gestaltende, farbige Fläche mit Reliefanspruch behandelt. Darüber hinaus taucht “Beton” als Nennung auf, gewissermaßen als Werkstoffstempel mit einer eigenen Markigkeit des Wortbildes und -klanges.

Beton wird als Weltbaustein verstanden, als Bestandteil eines variierten taoistischen Systems im Sinne einer Ergänzung der Elemente Metall, Feuer, Wasser, Holz, Erde (siehe auch: Das Elementen- Chaos, 2005). Dabei wird davon ausgegangen, daß Beton als wesentlicher Baustoff des 20. Jahrhunderts deutliche Spuren in der äußeren Oberfläche der Landschaften (Großbauten, Bunker, Trümmer) und eben auch in der psychologischen Struktur der modernen Gesellschaft hinterlassen hat – als wichtiger Baustein untergegangener Reiche von angemaßter und ersehnter Weltbedeutung. Beton steht für Härte, für Verfestigung und den Anspruch von Ewigkeit und eben auch für Widerständigkeit in der Verrottung.

Bayern

Berge als figurationsbegleitende Landschaften spielen schon in den Soldatenbildern der letzten 90er Jahre eine wichtige Rolle (Himmel, Berge, Schlamm, Wasser). In den am Klischee orientierten Hirschbildern der Jahre 2000-2002 waren Berge mehr oder weniger zwingend.

In der Serie “Schöne- Heimat- Plakate”, die aus zunächst ergebnisoffener Zeichenarbeit Anfang 2006 entstand, kam bald das Wort “Bayern” zum Berge-Bild, schnell auch in deutlicher Unterscheidung zur flachen, kargen “Mark” (Brandenburg). Da Zeichnen sich unter günstigen Umständen schnell und assoziativ entwickelt, war der Weg zu einem fassbaren gedanklichen Kontext nicht weit.

“Mark” als tatsächliche Heimatlandschaft, “Bayern” als weltweit bekanntes und benutztes Klischee für deutsche Landschaft schlechthin, deutsches Heimatverständnis und –tümelei.

Der Gegensatz zwischen fernwirkender Berglandschaft, die liebliche Verklärung provoziert und märkischer Tristesse, die sich schicksalsergeben in postsozialistische Depressivität verfügt, passt gut zum Erlebnishintergrund des Künstlers. So bildet sich im Satz “Bayern wird, vom Osten aus, zur Heimat erklärt” eine freudig vorgetragene, besitzergreifende Anmaßung gegen eine Landschaft, die mit sich im Reinen scheint.

Matting stellt in seinen Arbeiten noch immer sehr unterschiedliche deutsch-deutsche Realitäten einander gegenüber und offenbart dahinter liegende Denkweisen mit teilweise symbolischen Mitteln. Seine Bilder sind Erkundungsgänge, lange Wege, Lehrpfade für den Künstler. Das Ziel ist unbestimmt, vielleicht nicht notwendig, nicht einmal erwünscht – solange die Bewegung für ein Fortschreiten des Erkundungsganges sorgt.

Wir haben den Maler im vergangenen Jahr auf dem Berliner Kunstsalon entdeckt und möchten seine Arbeit in einer ersten kleinen Ausstellung in unserer Galerie vorstellen.

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