Ausstellungen
Martina Altschäfer. Über der Baumgrenze
Neue Zeichnungen
1. November 2024 – 4. Januar 2025, Eröffnung: 31. Oktober, 18-21 Uhr
In ihrer vierten Einzelausstellung von Martina Altschäfer stellt die Galerie Poll unter dem Titel „Über der Baumgrenze“ neue Zeichnungen der Künstlerin aus der faszinierenden Welt des Hochgebirges vor.
Auf der Suche nach unberührter und unbezwungener Natur zieht es Martina Altschäfer immer wieder in die Berge. Dort, über der Baumgrenze, wo aufgrund niedriger Temperaturen nicht einmal mehr Büsche wachsen und es auch sonst kaum noch Vegetation gibt, in einer Welt von Schnee und Eis, entwickelt sie ihre Bildthemen. Sie erzählen davon, wie die Natur den Menschen bezwingt, aber auch vom Leben von Mensch und Tier in und mit der Natur. Auch Mythen und Brauchtümer spielen immer wieder eine Rolle.
Grundlage der großformatigen Zeichnungen sind Fotografien, die aber vor allem als Gedächtnisstütze dienen und zur Erinnerung an Eindrücke und Stimmungen, die sich der Künstlerin während ihrer Streifzüge durchs Gebirge eingeprägt haben.
Die mit Farbstiften und Pastellkreide komponierten farbintensiven Berglandschaften in gleißendem Sonnenlicht mit teils dramatischen Himmeln oszillieren zwischen Traum und Wirklichkeit. In ihrer Komplexität erschließen sich die aus Imagination und Realität gewonnenen Schnee-, Eis- und Gletscherlandschaften erst in eingehender Betrachtung.
Auf der Zeichnung „Transhumanz“ weidet eine Schafherde auf einem Bergrücken, umgeben von hohen schneebedeckten Bergen. Die Szene mit den in Schwindel erregender Höhe grasenden Tieren wirkt surreal, tatsächlich aber ist diese jahrhundertealte Wanderweidewirtschaft im Gebirge noch heute üblich.
Die Monumentalität des rund 4.000 Meter hohen Berges Eiger in den Berner Alpen, dessen Nordwand Bergsteiger aus aller Welt anzieht, beschwört Altschäfer in ihrer gleichnamigen Zeichnung durch einen winzig kleinen Menschen. Sie zeigt ihn vor Beginn des mühsamen Aufstiegs zum Berggipfel, versunken in die Betrachtung der sich in Serpentinen in die Höhe schlängelnden Wanderwege. Die unterschiedlichen Beschaffenheiten des Berggesteins sind virtuos und realitätsgetreu wiedergegeben.
Ihre Landschaften konstruiert Martina Altschäfer bis ins kleinste Detail. Ausgehend von einem Gerüst aus Linien und Fluchtpunkten erarbeitet sich die Künstlerin über Monate Partie für Partie und Schicht um Schicht ihrer großformatigen Bildkompositionen. Nicht eine einzige Linie ist zufällig gesetzt.
Parallel zu den großen Zeichnungen auf Papier entstehen kleine Pastelle und Gouachen auf schwarzem Karton, in denen sich die Künstlerin malerisch mit Passagen ihrer großen Komposition intensiv auseinandersetzt. Hier tritt die zeichnerische Linie durch das Verwischen und Verreiben der Farben mehr und mehr zugunsten einer malerischen Tiefe zurück und zieht den Betrachter magisch ins Bildmotiv hinein.
Der mit der Künstlerin befreundete Schriftsteller Christoph Peters hat in seinem Katalogtext auf den Punkt gebracht, was Martina Altschäfer in ihrem künstlerischen Schaffen immer wieder antreibt: „Sobald wir uns ins Gebirge aufmachen“, schreibt er, „werden wir zu Wanderern, zu Suchenden, zu Fragenden, Tastenden. Jeder Schritt gerät zum Schritt ins Unbekannte, schwankt zwischen Mut und Furcht, und spätestens, wenn wir den Weg verloren haben, während die Sonne hinter dem hohen Horizont versinkt, werden wieder die Stimmen der Geister in Gräsern, Zweigen, Felsspalten zu hören sein. Wir werden lauschen und zittern, lauschen und schweigen, schweigen und atmen, bis eine Antwort durch uns hindurch fährt, unhörbar leise oder als Schrei.“
Martina Altschäfer, geboren1960 in Rüsselsheim, hat Bildende Kunst und Germanistik an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz sowie Freie Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf studiert. 1991 schloss sie ihr Studium als Meisterschülerin von Prof. Konrad Klapheck ab. Von 1990 bis 1997 unterrichtete sie Zeichnung und Malerei an der Johannes-Gutenberg-Universität und an der Fachhochschule Wiesbaden. Martina Altschäfer hat zahlreiche Stipendien erhalten und wurde mehrfach mit Preisen ausgezeichnet. Arbeiten der Künstlerin befinden sich in privaten und öffentlichen Sammlungen, darunter die Sammlung der Deutschen Bank, des Kunstmuseums Albstadt, des Gutenberg Museums Mainz und des Landesmuseums Mainz. Sie arbeitet und lebt in Rüsselsheim, wo sie in den letzten Jahren auch Kurzgeschichten und einen Roman im Mirabilis Verlag veröffentlicht hat.
Im Mittelrhein Museum Koblenz sind noch bis zum 9. März 2025 mehrere Zeichnungen der Künstlerin in der Ausstellung „Traumlandschaft – Alptraum Landschaft“ zu sehen.