Ein Chronist aus Deutschland

Ein Chronist aus Deutschland
Ein Platz an der Sonne, 1973, Öl auf Hartfaser, 65 x 79,5 cm

Harald Duwe (1926-1984)

27. Februar bis 16. April 2016

Eröffnung: 26. Februar 2016, 18-21 Uhr

 

Aus Anlass des 90. Geburtstages von Harald Duwe zeigt die Galerie der Kunststiftung Poll eine kleine Ausstellung mit Gemälden, Zeichnungen und Druckgrafiken aus verschiedenen Schaffensphasen des Künstlers. Als bekennender Realist hat Duwe das gesellschaftliche und politische Geschehen vor allem in der Bundesrepublik Deutschland dokumentiert und kommentiert.

Im Gegensatz zu den abstrakten Tendenzen in der Kunst der Bundesrepublik nach 1945 ist das Oeuvre des Hamburger Realisten von gegenstandsgebundener und zupackender Direktheit geprägt. Es beschönigt nichts. „Duwes Malerei ist engagiert, persönlich, emotional und von eruptiven Schüben gekennzeichnet, die einander überlagern und gegeneinander streiten.“ So schreibt der Direktor der Kieler Kunsthalle, Jens Christian Jensen, anlässlich der Ausstellung im Jahr 1974. Wie kein anderer westdeutscher Maler zur damaligen Zeit setzte sich Duwe konsequent und kritisch mit den Tagesaktualitäten auseinander, hielt den Menschen unerbittlich einen Spiegel vor, weswegen seine Werke nicht immer bedingungslosen Zuspruch erfuhren, wie das auch bei Géricault, Goya oder Grosz der Fall war.

In seinen Bildern befasste sich Harald Duwe mit Themen der Nachkriegszeit, der Konsum- und Arbeitswelt, mit Freizeit, Militarismus und Gewalt. Es ist eine „Welt des Fressens, Saufens und Tötens“, wie es der Kunsthistoriker Lothar Lang kurz und prägnant formulierte. Die Szenarien geben mitunter erschreckende Einblicke in den Alltag einer im Überfluss lebenden Gesellschaft, machen Prozesse der Entfremdung und Selbstentfremdung nahezu sinnlich erfahrbar. Offenbarungen dieser Art, so brutal sie auch sein mögen, büßen in ihrer Aktualität kaum ein.

Harald Duwe wurde 1926 in dem Arbeiterviertel Hamburg-Rothenburgsort geboren. 1942 begann er eine Lehre als Lithograph und Kunstdrucker, die er nach einer Unterbrechung wegen Kriegsdienst 1944 in Leipzig fortsetzte. Noch vor Kriegsende wurde er bei der Luftwaffe zum Piloten ausgebildet – es kam jedoch nie zum Einsatz. Nach Beendigung seiner Lehre studierte Duwe von 1945 bis 1950 an der Landeskunstschule in Hamburg (heute HFBK) bei Willem Grimm und Erich Hartmann. In dieser Zeit war er mit einem Stipendium für zwei Semester an der Königlichen Akademie in Stockholm. Nach dem Studium arbeitete er als freischaffender Künstler und heiratete 1951 die Malerin Heilwig Ploog. Sie haben drei Kinder. 1964 wurde Duwe Lehrer für räumliches Darstellen an der Ingenieurschule für Fahrzeugtechnik in Hamburg und fünf Jahre später Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). Von 1975 bis zu seinem Tod lehrte er an der Fachhochschule für Gestaltung Kiel, Abteilung Freie Kunst/Malerei. Im Jahr 1984 starb Harald Duwe bei einem Verkehrsunfall. Post mortem fand 1987 eine große Retrospektive in der Kunsthalle zu Kiel statt.

Die Galerie Poll vertritt den Künstler seit 1973, in der Sammlung der Kunststiftung Poll befinden sich mehrere seiner Arbeiten. Für den Sommer 2016 ist eine Retrospektive mit dem Titel „Kosmos Duwe“ in Schloss Gottorf in Vorbereitung (10. Juli – 30. Oktober 2016).

 

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